Warum positives Denken nicht ausreicht [und was Sie stattdessen tun können]

Warum positives Denken nicht ausreicht [und was Sie stattdessen tun können]

„Sieh es doch mal positiv!“

„Das Glas ist nicht halbleer, sondern halbvoll!“

„Du musst einfach nur optimistisch an die Sache herangehen!“

 

Haben Sie auch schon mal solche Tipps bekommen? Oder sich selbst auf so eine Art und Weise aufgefordert, positiv zu denken?

 

Positives Denken alleine kostet Energie

Positive Denken hat – das ist unbestritten – in einigen Zusammenhängen – gute Auswirkungen. Aber in den seltensten Fällen reicht positives Denken aus, um Ziele zu erreichen oder Wünsche zu verwirklichen. Ja, im Gegenteil: Menschen, die sich darauf beschränken, ihre Zukunft zu erträumen und mögliche Hindernisse auszublenden, haben weniger Energie, um diese Ziele auch zu verwirklichen. Dies haben wissenschaftliche Studien ergeben, die die Psychologie-Professorin Gabriele Oettinger über einen Zeitraum von 20 Jahren durchgeführt hat.

 

Die Alternative: Das WOOP-Modell

Oettinger schlägt deshalb vor, sich das positive Träumen der Zukunft zunutze zu machen, aber zwei weitere Schritte hinzuzunehmen:

 

  1. Die Auseinandersetzung mit Hindernissen, die auf dem Weg zur Zielerreichung liegen
  2. Das Erstellen eines Planes, wie diese Hindernisse überwunden werden können

 

Daraus ergibt sich für Oettinger ein vierstufiges Vorgehen, das sogenannte WOOP-Modell (im wissenschaftlichen Bereich ist es bekannt unter dem Namen Mental Contrasting with Implemantation Intentions (MCII)

 

W – Wish (der Wunsch)

O – Outcome (das bestmögliche Ergebnis)

O – Obstacle (das persönliche innere Hindernis)

P – Plan (der Plan, um die Hindernisse zu überwinden)

Schritt 1: Der Wunsch (Wish)

Zunächst geht es darum, einen Wunsch bzw. ein Veränderungsvorhaben auszuwählen. Dieser Wunsch sollte zwar herausfordernd für Sie sein, aber grundsätzlich realisierbar und vor allem in ihrem eigenen Wirkungsbereich liegen.

 

Schritt 2: Das bestmögliche Ergebnis (Outcome)

Stellen Sie sich vor, wie es wäre, wenn Sie ihren Wunsch umgesetzt hätten. Wie würden Sie sich fühlen? Was wäre das Beste daran. Versuchen Sie, sich die Erfüllung des Wunsches möglichst bildhaft vorzustellen und auszumalen.

 

Schritt 3: Das persönliche innere Hindernis

In diesem Schritt  geht es nun darum, mögliche innere Hindernisse zu identifizieren, die auf dem Weg zur Wunscherfüllung im Wege stehen: Was hält Sie davon ab, Ihren Wunsch umzusetzen? Welche inneren Schwierigkeiten erwarten Sie auf dem Weg zur Wunscherfüllung?

 

Schritt 4: Der Wenn-dann-Plan

Sammeln Sie (kreative) Ideen, was Sie tun können, wenn Ihr Hindernis (bzw. Ihre Hindernisse) auftritt, um es zu überwinden. Was könnte eine effektive Handlung (oder ein Gedanke, den Sie sich sagen) sein, mit der Sie Ihr Hindernis überwinden können?

Formulieren Sie den Plan in Form von einem Wenn-dann-Plan:

 

Wenn das Hindernis … auftritt, dann werde ich … tun.

 

Gehen Sie Ihren Wenn-dann-Plan (es können auch 2 oder 3 Pläne sein) in Gedanken immer wieder durch.

 

WOOP wirkt effektiv

Das WOOP-Modell klingt recht einfach. Es ist auch leicht umzusetzen, setzt allerdings voraus, dass Sie sich etwas Zeit nehmen und die einzelnen Schritt wirklich intensiv bearbeiten und sich möglichst bildhaft vorstellen. Der Plan sollte dann immer gedanklich durchgegangen werden.

 

Sie können WOOP in unterschiedlichen Lebensbereichen, sei es Sport, Gesundheit, Ernährung, berufliche Ziele oder auch für das  Erlernen von Instrumenten oder Fremdsprachen nutzen. Das Modell ist in allen Bereichen anwendbar, in denen Menschen ihr Verhalten ändern wollen.

 

Weitere Informationen:

Gabriele Oettinger, Psychologie des Gelingens, München 2015.
In diesem Buch beschreibt Oettingern neben dem praktischen Modell auch den wissenschaftlichen Hintergrund und die durchgeführten Studien.

www.woopmylife.de

Auf dieser Website gibt es ein empfehlenswertes Paket mit Arbeitsblättern zum kostenlosen Download.

 

Selbstsupervision in 10 Minuten: Wie Sie (Beratungs-)Gespräche mit Klienten lösungsorientiert reflektieren können

Selbstsupervision in 10 Minuten: Wie Sie (Beratungs-)Gespräche mit Klienten lösungsorientiert reflektieren können

Felix ist seit vier Jahren Schulsozialarbeiter an einer Berufsschule. Jeden Tag führt er sehr viele Gespräche mit Schülerinnen und Schülern – kurze Begegnungen in der Pause sind dabei, aber ebenso einstündige Beratungsgespräche.

Manchmal ist Felix unsicher, ob seine Fragen, Interventionen und Aussagen in diesen Gesprächen „richtig“ beziehungsweise günstig für den weiteren Gesprächsverlauf sind. Außerdem möchte er die Qualität seiner eigenen Arbeit sichern und seine Beratungskompetenz weiterentwickeln. (mehr …)

Teamsitzungen, Meetings, Dienstbesprechungen – so wird es effektiv und zielführend

Teamsitzungen, Meetings, Dienstbesprechungen – so wird es effektiv und zielführend

Aus meiner Beratungstätigkeit weiß ich: Viele Menschen gehen frustriert und genervt aus Sitzungen. Zu lang, zu unstrukturiert, zu ineffektiv, zu wenig Ergebnisse.

 

Es ist aber kein Naturgesetz, dass Meetings so verlaufen müssen. Durch die Beachtung einiger weniger Regeln lässt sich das verändern:

1) Klare Sitzungsleitung

Eine Teamsitzung braucht eine Person, die die Sitzungsleitung und damit die Moderation übernimmt. Das muss nicht der/die „Ranghöchste“ sein. Wichtig ist, dass die Moderatorin/der Moderator sich auf diese Aufgabe konzentriert und sich inhaltlich zurückhält. Sollte die Moderatorin/der Moderator an einem Punkt inhaltlich gefragt sein oder unbedingt mitdiskutieren wollen, bietet es sich an, an dieser Stelle die Moderation abzugeben.

Zu den wichtigsten Aufgaben der Sitzungsleitung gehören:

  • Vorbereitung der Sitzung (siehe unten 2)
  • Beachten der Zeit
  • Führen einer Rednerliste

 

2) Eine gute Vorbereitung

Ob eine Sitzung wirklich effektiv wird, entscheidet sich zu einem guten Teil schon bevor die eigentliche Besprechung begonnen hat. Folgendes ist im Vorfeld zu klären – am besten zwischen dem Vorgesetzten und dem Sitzungsleiter:

  1. Ist die jeweilige Sitzung wirklich nötig und was ist das Ziel der Sitzung?
  2. Wer ist betroffen von dem Thema der Sitzung und wer soll/muss an der Sitzung teilnehmen?
  3. Welche Tagesordnungspunkte sollen mit welchem Ziel verhandelt werden?
    (Dies kann auch in dem jeweiligen Team abgefragt werden)
  4. Wer bringt den jeweiligen TOP ein und wie viel Zeit steht jeweils zur Verfügung?
    Es gibt sehr gute Erfahrungen damit, die jeweils zur Verfügung stehende Zeit mit auf die Tagesordnung zu schreiben.

 

Auf der Grundlage dieser Informationen wird dann eine schriftliche Tagesordnung erstellt, die alle Teilnehmende mit allen benötigten Unterlagen erhalten.

 

3) Eine zielorientierte und stringente Moderation

Ganz wichtig ist es, dass er Moderator/die Moderator klar macht, mit welchem Ziel der jeweilige Tagesordnungspunkt behandelt wird und wie viel Zeit dafür zur Verfügung steht. Beides kann auch schon in der schriftlichen Tagesordnung stehen.

Eigentlich immer geht es (auf der Metaebene) um eines dieser drei Ziele:

  • Entscheidung: Auf der Sitzung soll zu einem Thema eine Entscheidung gefällt werden.
  • Rückmeldungen zu einem Thema: Ein Kollege stellt ein Projekt oder etwas Vergleichbares vor und holt sich ein Feedback von dem Team und Anregungen zur Weiterarbeit
  • Bericht: Das Team soll über einen Sachverhalt informiert werden

 

Eine klare Zielbestimmung bei dem Verhandeln eines TOPs kann sehr zur Fokussierung der Diskussion beitragen. Ich empfehle auch, die Tagesordnung so aufzubauen, dass als erstes die TOPs behandelt werden, die auf eine Entscheidung zielen, dann die Themen, für die eine Rückmeldung eingeholt werden sollen und die Informationspunkte erst am Ende.

 

Um die Zeit besser im Blick zu haben, haben einige Teams auch eine große Sand- oder Stoppuhr angeschafft, die allen signalisiert, wie viel Zeit noch zur Verfügung steht für den jeweiligen Tagesordnungspunkt.

 

3) Eine sinnvolle Dokumentation der Ergebnisse

Erfahrungsgemäß werden lange Protokolle nur sehr selten gelesen. Deshalb bietet es sich an, nur die wirklich entscheidenden Beschlüsse und Verabredungen aufzuschreiben. Das hat auch den Vorteil, dass Beschlüsse im Nachhinein schneller gefunden werden können, wenn sie nicht unter vielen (vielleicht längst veralteten) Informationen gesucht werden können. Bewährt hat es sich, ein Protokoll in vier Abschnitte zu unterteilen:

  1. Beschlüsse
  2. Vorhaben und Erledigungsaufträge an Teammitglieder
    (z.B. Informationen einzuholen oder Klienten/Kunden zu kontaktieren)
  3. Termine und sehr wichtige Informationen
  4. Themenspeicher für kommenden Besprechungen

Unter folgendem Link kann eine Vorlage für Protokolle heruntergeladen werden:

https://coaching-supervision-kassel.de/wp-content/uploads/2016/10/Protokoll-Meetings.docx

 

 

 

Coaching – Geschichten: Das 18. Kamel (E-Book zum Download)

Coaching – Geschichten: Das 18. Kamel (E-Book zum Download)

„Kindern erzählt man Geschichten zum Einschlafen, Erwachsenen erzählt man Geschichten zum Aufwachen.“
(Jorge Bucay)

Geschichten sind ein ungewöhnliches, aber mitunter sehr effektives Coaching-Tool: Geschichten helfen uns, manchens aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten und neue Wege zu entdecken. Neue Gedanken entstehen, innovative Lösungen werdenmöglich. Manchmal hat so eine Geschichte auch schon in einer Supervisons- oder Coachingsitzung einen wichtigen Impuls geliefert.

In dem kleinen E-Book „Das 18. Kamel. Geschichten für neue Perspektiven“ habe ich 14 Geschichten zusammengestellt, die nachdenklich machen und anregen können. Ich wünsche Ihnen, dass Sie diese Geschichten mit Freude und Gewinn lesen.

„Das 18. Kamel. Geschichten für Coaching und Supervision“
(zum Download hier klicken)

 

Wie Sie zur Ruhe kommen, wenn Ihre Gedanken Amok laufen

Wie Sie zur Ruhe kommen, wenn Ihre Gedanken Amok laufen

Eine emotionale Begegnung, ein Konflikt mit dem Kollegen, eine schwierige Entscheidung, ein großes Maß an Aufgaben – es gibt viele Anlässe, die einen in hohem Maße beschäftigen können. Manchmal führen solche Erlebnisse dazu, dass die eigenen Gedanken und Gefühle sich immer schneller im Kreis drehen. Manchmal liegt man dann noch abends im Bett, kann nicht einschlafen, Panik kommt auf.

 

Die US-amerikanische Therapeutin Yvonne Dolan hat eine Methode entwickelt, um solche Gedanken- und Gefühlsschleifen in den Griff zu bekommen und ruhiger zu werden:

Die 5-4-3-2-1 – Methode.

Ausgehend von meinen eigenen guten Erfahrungen mit dieser Methode, habe ich sie im Rahmen von Supervision und Coaching  vielen Klienten empfohlen und sehr positive Rückmeldungen bekommen.

Alles, was Sie brauchen, ist 10-15 Minuten Zeit. Es ist nicht einmal nötig, sich zurückzuziehen und für sich allein zu sein. Wobei es gerade am Anfang von Vorteil ist, nicht reden zu müssen.

 

So gehen Sie vor:

 

Schauen Sie in eine Richtung und lassen Sie ihren Blick an einer Stelle ruhen.

Achten Sie für 10 Atemzüge auf Ihren Atem (Einatmen, Ausatmen…)

Benennen Sie in Gedanken 5 Dinge oder Eindrücke, die sich in Ihrem Blickfeld befinden, während Sie entspannt nach vorne schauen ( „ein Blatt im Wind“, „die Maserung der Wand“,  „die Glühbirne in der Lampe“…)

Benennen Sie dann 5 akustische Eindrücke, die Sie gerade hören („ein Auto, das vorbei fährt“, „eine Vogelstimme im Hintergrund“, „das Ticken der Uhr“…) Lassen Sie sich Zeit dabei!

Achten Sie auf ihren Körper und benennen Sie 5 Körperempfindungen (keine Gefühle!), die gerade spüren („mein Rücken an der Stuhllehne“, „ich spüre meinen Fuß auf dem Boden“, „ich merke ein Kribbeln an der Wade“…)

Nun machen Sie das Ganze von vorn mit 4 Dingen, die sie sehen, mit 4 akustischen Eindrücken und 4 Körperempfindungen. Dann mit 3, dann mit 2, dann mit 1.

Wenn Sie wollen können Sie dann noch einmal von vorne anfangen.

 

Diese Übung mag vielleicht etwas kompliziert erscheinen, aber gerade dadurch trägt sie dazu bei, dass die Konzentration bei der Aufgabe bleibt und dazu beiträgt, Sie wieder im Hier und Jetzt zu erden.

 

Es ist kein Problem, wenn Sie sich verzählen. Machen Sie einfach bei der Zahl weiter, die Ihnen sinnvoll erscheint. Es ist auch in Ordnung, wenn sie mehrfach dasselbe benennen, weil es eben das ist, was für Sie bestimmend ist. Wenn Sie merken, dass sie innerlich doch abdriften, dann ist das auch nicht schlimm. Nehmen Sie es bewusst war, dass sie abgeschweift sind und bringen Sie sich innerlich wieder sanft zurück zu der Übung.

 

Viele Menschen, die diese Übung ausprobiert haben, bestätigen, dass sie sehr beruhigend wirkt und einen wirklichen Ausweg aus dem „Kreislauf im Kopf“ und der beginnenden Panik bietet. Probieren Sie es einfach mal aus – am besten ohne Druck, dass es beim ersten Mal gleich perfekt funktionieren muss.

7 Tipps, wie Sie es schaffen, mit Kritik souverän umzugehen

7 Tipps, wie Sie es schaffen, mit Kritik souverän umzugehen

Die Worte der jungen Frau nagen an mir.
Mein Magen zieht sich zusammen, mein Stand wird unsicher, meine Gedanken laufen Amok:
Wie unverschämt ist die denn?
Was fällt der eigentlich ein?
Das ist doch überhaupt nichts dran!
Und: Was denken die anderen, wie soll ich reagieren?
Am liebsten würde ich ihr mal so richtig meine Meinung sagen.

Ein kurzer Einblick in mein Innenleben während eines Seminares vor einigen Jahren.
Was war passiert?
Am zweiten Seminartag beschwerte sich eine Teilnehmerin vehement über die Themenauswahl; betonte, dass sie sich etwas ganz anderes vorgestellt hatte und führte aus, dass sie von meiner Seminargestaltung enttäuscht sei.
Ihre Kritik erwischte mich auf dem falschen Fuß und ich brauchte eine ganze Weile, um einen guten Umgang damit zu finden. Ja, die Kritik verfolgte mich sogar über das Seminar hinaus, obwohl alle anderen Teilnehmer mir ein positives Feedback gegeben hatten.

Seit damals habe ich mich viel mit Kritik und einem konstruktiven Umgang damit beschäftigt. Hier sind meine 7 wichtigsten Erkenntnisse:

1) Erkennen Sie Ihre eigenen Reaktionsmuster

Kritik trifft uns meist unvorbereitet: Da ahnt man nichts Schlimmes und plötzlich haut einem jemand eine verbale Keule um die Ohren. Und sofort springen dann uralte Muster an: Flucht, Angriff oder Tot-stellen:
Die Fluchtvariante: Ich will mich am liebsten unter der Bettdecke verkriechen und überlege nur noch, wie ich aus der Situation herauskomme. Wahrscheinlich bitte ich deshalb dann um Entschuldigung und gestehe meine Schuld ein.
Die Angriffsvariante: Ich suche nach einem Punkt, den ich meinem Gegenüber vorwerfen kann und gehe zum Gegenangriff über. Das kann ein Aspekt seines Verhaltens sein. Das kann der Ton und die Lautstärke seiner Kritik sein oder die Tatsache, dass er mich überhaupt kritisiert.
Die Tot-stellen-Variante: Ich reagiere überhaupt nicht auf die Kritik, verhalte mich so, als habe ich nichts gehört und ignoriere den Kritiker und seine Kritik. Ich lasse die Kritik an mir abprallen und versuche äußerlich ganz ruhig zu bleiben – im Inneren sieht es dann meist ganz anders aus.
Alle drei Varianten haben einen hohen Preis: Entweder kommt es zu einer Eskalation der Situation oder ich muss mich selbst so zurücknehmen, dass ich mit mir unzufrieden bin. Das Problem ist, dass diese uralten Muster meist sehr schnell und automatisch anspringen – oft noch bevor wir zum Nachdenken kommen. Deshalb ist meiner Erfahrung nach Folgendes das Beste:

2) Wenn Sie kritisiert werden, atmen Sie erst einmal durch

Wenn Sie unvorbereitet mit Kritik an Ihnen, Ihrer Arbeit oder Ihrem Verhalten konfrontiert werden, dann versuchen Sie erst einmal Zeit zu gewinnen und ruhig zu bleiben. Und das geht am besten mit zwei oder drei tiefen Atemzügen: Einfach bewusst ganz tief in den Bauch hinein atmen. Auf das Atmen konzentrieren – auf nichts sonst.
In vielen Situationen kann es auch angemessen sein, dem anderen etwas zu sagen wie : „Diese Kritik überrascht mich jetzt sehr, da muss ich gerade mal einen Augenblick darüber nachdenken.“
Machen Sie sich dann die folgenden Punkte noch einmal bewusst und legen Sie so den Grundstein für einen guten Umgang mit der Kritik:

3) Es wird immer Menschen geben, die nicht gut finden, was Sie tun

Es ist eigentlich eine banale, aber trotzdem eine sehr wichtige Erkenntnis: Sie können nicht so leben, dass alle es toll finden, was Sie tun. Ganz egal, wie Sie sich verhalten: Es wird sich immer jemand finden, der genau das nicht gut findet. Manche sagen es Ihnen, andere denken es nur.
Wenn Sie sich zum Beispiel politisch engagieren, werden einige Menschen Ihre politische Meinung kritisieren. Aber auch wenn Sie sich nicht engagieren, gibt es andere, die Sie als unengagiert empfinden. Und in allen anderen Bereichen ist das auch so.
Von daher ist es vollkommen normal, kritisiert zu werden. Es gehört zum Leben dazu und ist unvermeidbar.

4) Die Kritik Ihres Kritikers sagt mehr über ihn selbst aus als über Sie und Ihr Verhalten

Wenn Sie jemand kritisiert, dann hat das erst einmal ganz viel mit der Person des Kritikers zu tun. Sie wissen ja auch gar nicht, mit welchen Voraussetzungen er zu Ihnen kommt:
Vielleicht hat er Ärger mit seiner Frau, kommt mit einem Projekt an seiner Arbeit nicht weiter oder ist einfach mit dem falschen Bein aufgestanden. Dann werden Sie voraussichtlich machen können, was Sie wollen, er wird etwas finden, um Sie zu kritisieren.
Eine gute Strategie ist es deshalb auch, Rückfragen an den Menschen zu stellen, der Sie kritisiert. So können Sie in dem Gespräch dazu kommen, über Ihren Kritiker zu reden und nicht über sich selbst.
Die entscheidende Frage ist also nicht, warum Sie sich so und so verhalten;
sondern die Frage ist, warum Ihr Kritiker auf dieses Verhalten so „anspringt“ und er es kritisieren muss.
Wenn Sie sich mit Ihrem Kritiker auseinandersetzen wollen, dann versuchen Sie die Wünsche und Bedürfnisse Ihres Kritikers herauszufinden und reden Sie über ihn und nicht über sich selbst.

5) Ihr größter Kritiker sitzt zwischen Ihren eigenen Ohren

Letztendlich entscheiden Sie selbst, welche Bedeutung Sie der Kritik geben.
Entscheidend dafür, wie Sie mit der Kritik umgehen, ist, wie Sie selbst dazu stehen. Meistens ist es so, dass die Kritik uns am meisten verletzt, wenn etwas in uns angestoßen wird, das uns etwas ausmacht. Sozusagen ein Knopf gedrückt wird, auf den wir besonders anspringen.
Manchmal sind es alte Glaubenssätze, die aktiviert werden. Deshalb ist Kritik auch immer eine Lern- und Entwicklungschance für uns. Fragen Sie sich: Was stößt diese Kritik in mir an? Welche alten Muster springen an? Und vor allem: Ist das wirklich so, wie ich es glaube oder früher einmal gelernt habe?

6) Setzen Sie die Kritik in die richtige Relation

Kritik von anderen Menschen macht uns vor allem so richtig fertig, wenn wir sie sehr absolut sehen und nicht in die richtige Relation rücken. Aber es ist nie (!) so, dass wir nur so sind, wie der Kritiker uns sieht.
Es gibt immer auch andere Menschen, die die Situation und unser Verhalten ganz anders beurteilen. Wenn ich vor einer Gruppe stehe und von einer Person kritisiert werde, dann gibt es ganz sicher auch Gruppenmitglieder, die das ganz anders sehen – auch wenn sie sich nicht äußern. Und wenn ich mit dem Kritiker alleine bin, kann ich mir trotzdem sicher sein, dass andere Menschen mich und mein Verhalten ganz anders sehen würden.
Wenn Sie also in einer solchen Kritiksituation sind, können Sie versuchen, innerlich etwas zurück zu treten und sich einfach mal zu fragen, wie einer Ihrer Freund*innen oder Kolleg*innen diese Situation und Ihr Verhalten bewerten würde.
Eine gute vorbeugende Maßnahme, um mit Kritik umgehen zu können ist es, sich eine Erfolgsliste oder eine Erfolgsbuch anzulegen. Schreiben Sie sich einfach regelmäßig auf, wenn Sie etwas gut gemacht haben, wenn Sie Lob und positives Feedback von Kollegen, Kunden, Ihrem Chef oder Freunden bekommen.
Das ist sehr gut für Ihr Selbstbewusstsein und macht Sie dafür bereit, auch mal mit Kritik umzugehen.

7) Überlegen Sie, ob Sie aus der Kritik etwas lernen können

Es geht ja nicht darum, uns gegen Kritik zu immunisieren, sondern darum, die Kritik einzuordnen.
Und wenn Sie die Schritte 1-6 durchgegangen sind und beherzigt haben, dann können Sie sich auch konstruktiv überlegen, ob Sie aus dieser Kritik etwas für sich mitnehmen wollen.

Wenn Sie mit Kritik konfrontiert werden und dabei sind, zu lernen, einen konstruktiven Umgang damit zu finden, dann wird es Ihnen voraussichtlich nicht immer gleich gelingen, die Kritik gut einzuordnen. Das bedarf einiger Übung. Deshalb ist es gut, die Kritiksituation mit etwas Abstand noch einmal durchzugehen und zu reflektieren. Eine gute Möglichkeit dafür ist das Worksheet, das ich zusammengestellt habe. Wenn Sie dann eine Kritiksituation erlebt haben oder Sie noch eine weiter zurückliegende Situation beschäftigt, dann nehmen Sie sich 15 Minuten Zeit und reflektieren Sie diese sie noch einmal mit Hilfe des Worksheets.
Sie können sich das Worksheet hier direkt und kostenlos herunterladen:

Worksheet zum Umgang mit Kritik

 

Resümee

Kritik gehört zum Leben dazu. Keiner von uns kann durchs Leben gehen, ohne dass es Menschen gibt, die ihn kritisieren. Dabei kann diese Kritik auch dazu beitragen, dass wir uns weiterentwickeln. Ja, ohne solche Impulse könnten wir uns nicht weiter entwickeln. Von daher sind solche kritischen Impulse auch wertvoll. Allerdings müssen wir uns nicht jede Kritik auch anziehen. Kritik sagt erst einmal etwas über den Kritiker, seine Person und seine Bedürfnisse aus. Wir können sehr genau auswählen, was davon wir annehmen und was nicht.
Von daher können Sie Ihren Kritiker vielleicht auch als Trainingspartner sehen, nicht als Gegner. Er gibt Ihnen die Chance, zu lernen, gelassen und reif mit Kritik umzugehen.